Unsterblichkeit, der Sieg über alle Anfeindungen und Bedrohungen und letztlich sogar über den Tod selbst, ist ein Motiv und Ziel, das es in verschiedensten Formen in allen Religionen gibt und das in Mythologien immer wieder aufgegriffen wird. Götter und Teufel aller Religionen gelten als unsterblich. In lebensverlängernden Mitteln und Zaubern ist eine Möglichkeit gesucht worden, endlich den Tod zu überwinden. Magische Daseinsformen und einige magische Wesen repräsentieren im positiven oder negativen Sinn Möglichkeiten, sehr, sehr lange zu leben oder gar unauslöschbar zu sein.
Joanne K. Rowling sieht die Auseinandersetzung mit dem Tod anderer und mit der eigenen Sterblichkeit als eines der zentralen Themen, das sich durch alle Bände ihrer Harry-Potter-Serie zieht JKR auf NBC, 29. Juli 2007.
Die Autorin greift dabei verschiedene Wirkungen des magischen und nicht-magischen Lebensschutzes für andere und sich selbst auf und thematisiert magische Methoden, die die Grenzen des Lebens infrage stellen.
Die Langlebigkeit magischer Menschen[]
Hexen und Zauberer können auch in der von ihr geschaffenen Magischen Welt ein wesentlich höheres Lebensalter erreichen als nicht-magische Menschen. Trotzdem sterben auch dort die meisten Menschen nicht erst an Altersschwäche, denn viele fallen eines Tages einer Krankheit oder einer anderen Todesursache zum Opfer. Was allerdings von der Langlebigkeit der magischen Bevölkerung bleibt, ist, dass viele noch in hohem Alter unterrichten oder Pubs führen und so mehrere Generationen einer Familie miterleben und frühere gemeinsame Erfahrungen belegen können. Auf diese Weise werden auch Ereignisse von vor siebzig oder mehr Jahren als erlebte Geschichten nachvollziehbar. Anhand der hohen Altersunterschiede macht J. K. Rowling die altersbedingten Unterschiede der Einstellung zum Tod deutlich. So sagt der über einhundertjährige Albus Dumbledore zu dem elfjährigen Harry, mit elf Jahren stehe das Leben und Erleben noch bevor und Sterben bedeute einen Verlust unzähliger nie gehabter Erlebnisse. Wer dagegen auf ein langes erfülltes Leben zurückblicken könne, empfinde den Tod nur als eine weitere interessante Erfahrung (HP I/17).
"Unsterbliche" Magische Wesen und Daseinsformen[]
- Der aus der eigenen Asche wiederauferstehende Phönix
Der Phönix, der stirbt und dann immer wieder neu aus der Asche geboren wird, begleitet das Geschehen als Symbol des Guten, das immer wieder eine Chance hat, neu zu entstehen, auch wenn es zuvor vernichtet worden ist. Der aus vielen Mythologien bekannte symbolträchtige Phönix ist in den Harry-Potter-Bänden sowohl mit dem begleitenden Vogel des Schulleiters Albus Dumbledore und dessen Patronus Gestalten verbunden, als auch im Namen der von ihm gegründeten Widerstandsorganisation Orden des Phönix enthalten.
- Der alles tötende Basilisk
Der ebenfalls aus vielen Mythologien bekannte Basilisk als Symbol des Bösen kann zwar auch in Rowlings Welt seine Gegner mit einem Blick vernichten und eintausend Jahre alt werden oder mehr, aber er ist, wie gezeigt wird, trotzdem zerstörbar. Nicht zufällig wird ihm der scheinbar weit unterlegene Phönix zum Verhängnis, und gegen das tödliche Basiliskengift helfen sinnigerweise nur Phönixtränen.
- Geister und andere unwirkliche Personen
„Lebende“ Erinnerungsgestalten, wie etwa Porträts oder Geister Verstorbener, können nie richtig leben, auch wenn sie in Rowlings Welt weiterhin mitten unter lebendigen Menschen sind. Neben ihrer literarischen Funktion, historisches Geschehen erlebnishaft zu vermitteln, zeigen sie durch ihre eigene Nichtteilnahme am wirklichen Leben, was die fortwährende Angst vor dem eigenen Sterben bedeutet. Als Harry nach dem Tod von Sirius hofft, seinen Paten als Geist auch weiterhin behalten zu können, erklärt ihm der Fast Kopflose Nick, dass nur ein ängstlicher Mensch sich am Leben festklammere und deshalb die klägliche Existenz eines Geistes wähle. Für ein Leben, an dem er nicht wirklich teilhaben könne, würde ein mutiger Mensch wie Sirius sich nie entscheiden.
Magische Methoden des Lebenserhalts[]
- Lebenserhalt durch Einhornblut
- Mit dem Blut des Einhorns kann sich ein magischer Mensch zwar selbst dann am Leben erhalten, wenn er dem Tod sehr nahe ist, aber es rächt sich bitter: Sein gerettetes Leben ist von da an verflucht, weil er seine Lebenskraft auf Kosten des anderen reinen und edlen Lebewesens wiedergewonnen hat (HP I/15).
- Schutz durch das freiwillige Lebensopfer einer anderen Person
- Opfert eine magische Person ihr eigenes Leben, um das Leben eines anderen vor einem Angreifer zu schützen, so geht dem Geretteten infolge einer alten Zauberwirkung die schützende Kraft ins Blut über und stößt die Berührungen und viele magischen Attacken des Angreifers zurück (HP I/17).
Magische Wege zur Unsterblichkeit[]
- Der Stein der Weisen
Mit dem Stein der Weisen haben im Mittelalter Alchemisten versucht, unerschöpflichen Reichtum und ein Lebenselixir zu gewinnen, das die Sterblichkeit des Körpers überwinden könnte. Gemäß einer Legende ist dies dem damals lebenden Alchemisten Nicolas Flamel tatsächlich gelungen. J. K. Rowling berichtet im Buch Harry Potter und der Stein der Weisen, Flamel sei dank des gewonnenen Lebenselixiers jetzt über 660 Jahre alt. Im Verlauf der Ereignisse wird das große alchemistische Ziel aber grundsätzlich infrage gestellt: Flamel stimmt der Vernichtung seines Steins zu, weil Voldemort in den Besitz dieses Unsterblichkeit verheißenden Steins gelangen will und es wichtiger ist, solche gefährlichen Begehrlichkeiten künftig zu vermeiden.
- Horkruxe
In der Harry Potter Büchern gibt es eine spezielle grausige Methode, Unsterblichkeit zu erreichen: Die Herstellung eines Horkrux. Diese Konstruktion J. K. Rowlings fußt auf der Ansicht der meisten Religionen, dass beim Tod eines Menschen zwar dessen Körper stirbt, aber seine unsterbliche Seele dabei frei wird. Je nach Religion wird sie danach wiedergeboren, wandert, kommt in Himmel oder Hölle, Totenreich oder … Wird dagegen ein Horkrux hergestellt, so spaltet ein Sterblicher seine eigene Seele zu Lebzeiten und bewahrt die zwei Teilstücke seiner Seele in verschiedenen Körpern auf. Dann wird beim Tod des eigenen Körpers nur ein Bruchstück der Seele frei, während der andere abgespaltene Teil noch in einem anderen unversehrten Körper festliegt. Die Methode, einen Teil der eigenen Seele außerhalb des eigenen Körpers sicher aufzubewahren, gilt als der verwerflichste schwarz-magische Zauber, den es gibt. Zur Herstellung eines Horkruxes muss durch eine schlimme Mordtat ein Stück der eigenen Seele abgespalten, herausgerissen und in einen anderen (toten oder lebenden) Körper eingelassen werden. Allerdings wird bei der Horkruxherstellung der Zusammenhalt der Restseele destabilisiert (HP VII/6). Diese Methode hat Voldemort unbeabsichtigt ins Selbstzerstörerische ausgeweitet: Er wollte seine Seele nicht nur ein einziges Mal spalten, sondern sie in sieben Teilstücken aufbewahren (sechs ausgelagerte Horkruxe + seine eigene stark verkleinerte Restseele). Die für seinen perfekt ausgedachten, durch die magische Zahl sieben gestärkten Weg zur Unsterblichkeit erforderlichen vielen Seelenspaltungen erschütterten seinen inneren Zusammenhalt. Bei der geplanten sechsten und letzten Spaltung an Halloween 1981 ging Voldemorts Seele schließlich zu Bruch. Sein Todes-Fluch schaffte es nicht sein Opfer zu töten, sondern prallte auf ihn selbst zurück und übertrug stattdessen eines der Bruchstücke von Voldemorts Seele auf den Körper seines künftigen Gegners Harry (Konfrontationen zwischen Harry und Voldemort).
- Die Heiligtümer des Todes
In Rowlings magischer Welt gibt es drei mächtige magische „Heiligtümer“, die angeblich vom Tod selbst stammen. Wer im Besitz von allen Dreien ist, könne sogar den Tod meistern. Harry, der alle drei Heiligtümer tatsächlich besitzt, seinen Tarnumhang, den übermächtigen Elderstab und den Stein der Auferstehung, merkt selbst, was dies bedeutet. Den Tod zu meistern heißt nicht, wie viele glauben, unsterblich zu werden, sondern den eigenen Tod und die Sterblichkeit aller Lebewesen zu akzeptieren (HP VII/35).